Das Forsthaus wurde, laut Signaturen im Sandsteinkeller, 1848 erbaut. In diesen 151 Jahren hat sich sicherlich einiges ereignet. Wir bitten daher um Ihre Information und Mithilfe:
Wir sind immer auf der Suche nach Nachweisen der Historie! Sollten Sie Kamerun betreffendes Material zur Verfügung haben, würden wir uns freuen, wenn Sie uns dieses zur Verfügung stellen.
Es war an einem Sommertage des Jahres 1884, als zwei junge Männer auf Hochrädern die Strasse nach Neuenreuth hinausfuhren. Der eine, Fritz Brandt, war soeben auf dem Höhepunkte seiner Bayreuther Tätigkeit angelangt; durch die Verlobung mit Cosima Wagners ältester Tochter Daniela war er nicht nur ein aufrichtig geliebtes Mitglied der Familie geworden, sondern zugleich die genial begabte Persönlichkeit, auf die sich hinsichtlich der gesamten Technischen Leitung der Festspiele und der Inszenierung und Regie mit Recht die grössten Hoffnungen gründeten.
Mit Friedrich Kranich, dem hervorragenden Mitarbeiter und Freund, hatte er den ersten freien Tag zu diesem Ausflug genutzt. Die Bühneneinrichtung für die bevorstehende "Parsifal"-Aufführungen" war vollendet, der Ruhetag also wohlverdient.
Heiß brannte die Sonne auf das helle Band der Strasse, als sich die beiden Radfahrer hinter Wolfsbach dem Waldrande näherten. Ein schmaler Weg zur Linken führte in den Schatten alter Kiefern und lockte zugleich mit einem unbekannten Ziel. Die beiden Ausflügler gaben gern dem Rufe nach; sie stiegen von ihren Rädern und schoben sie langsam die sanfte Steigung hinauf, immer dichter standen sie nun die Bäume, immer kühlender wurde der Schatten. "Eigentlich müssten wir bald die Höhe erreicht haben", meinte Brandt mit einem Blick auf den plötzlich ansteigenden Weg. "Aber was ist denn dort droben? Das sieht ja wie ein Dach aus?" - Die Freude an der Entdeckung beschleunigte ihre Schritte. Da lag eingebettet in tiefen Wald und dichtes Gebüsch, ein kleines flaches Gebäude vor ihnen, das Forsthaus von Ottmannsreuth. Entzückt betrachteten die beiden Männer das Idyll. "Hier wollen wir bleiben!".
Die Frau des Waldaufsehers trat aus der Tür und lud sie ein, am Tisch im Freien Platz zu nehmen; sie werde ihnen gerne eine Erfrischung bringen. Ganz dem Frieden und Zauber der Umgebung verfallen ließen sie sich nieder. "Eine richtige Entdeckung haben wir da gemacht" rief Brandt aus. "Ja, wie der Nachtigall in Afrika!" vollendete Kranich. Und mit diesen Worten schilderten sie auch abends nach der Rückkehr ihr Erlebnis. Und da gerade alle Zeitungen von der Hissung der deutschen Flagge in Kamerun berichteten, nannten die beiden Entdecker ihr Forsthaus "Neu-Kamerun", - und diesen Namen hat es bis auf den heutigen Tag behalten.
Mit jedem Jahre wurden es nun mehr Bayreuther, Mitwirkende und Besucher der Festspiele, die zu dem einsamen Forsthaus pilgerten, zumal es dem Waldaufseher Philbert inzwischen gelungen war, die Wirtschaftskonzession zu erhalten. Doch sollte die Beziehung zu den Festspielen eines Tages sogar sichtbaren Ausdruck gewinnen.
Schreinermeister Carl Zimmermann brachte seit 1885 in jedem Herbst seine Frau Elise und die vier Buben zur Erholung nach Kamerun. Er hatte - unter seinem Vater als junger Meister arbeitend - begeistert an der Erbauung des Festspielhauses teilgenommen, dann seit 1882 die Schreinerarbeiten auf der Bühne ausgeführt und durfte schließlich sogar - neben dem zum technischen Leiter und Nachfolger Fritz Brandts aufgerückten Friedrich Kranich - die Schar der 120 Bühnenarbeiter kommandieren. Im Laufe der Zeit wirkte es sich nun immer unangenehmer aus, daß bei schlechtem Wetter Frau und Kinder in der rauchigen Wirtsstube der Waldschenke sitzen mussten. Deshalb baute Zimmermann im Jahre 1896 an den Abhang ein schlichtes Holzhäuschen, groß genug um auch Freundesbesuch aufzunehmen. Im Festspielhaus wurde damals die erste Wiederholung und völlige Neuinszenierung des "Ring des Nibelungen" vorbereitet. Mancher Ruhetag zwischen den anstrengenden technischen Arbeiten galt dem Besuch von Kamerun und dem neuen Gartenhause. Da beschloß Prof. Max Brückner, der Maler aller Bühnenbilder seit 1876, Frau Elise Zimmermann eine besondere Freude zu machen. Im Malersaal des Festspielhauses warf er mit genial sicherer Hand Motive zum Thema "Kamerun" auf die Leinwand: Ein Löwenpaar vor seiner Höhle, Reiher und Papageien, Fasanen und Kakadus, durch Ranken exotischer Blüten und Früchte eingefaßt. Mit diesen Bildern wurden nun Rückwand und beide Seitenteile des Gartenhauses verkleidet. Sein Erbauer aber brachte über der Tür die Inschrift an: Elisens Hütte / 1896".
Vor allem während der Proben- und Festspielzeit der nächsten Jahre beherbergte das Gartenhäuschen eine Schar fröhlicher Menschen: die vier Buben Zimmermanns und die drei Buben Kranichs sorgten für Kurzweil. Sänger wie Breuer, Burgstaller und andere für Humor. An warmen Sommerabenden schaukelte von der Decke die Petroleumlampe und ihr Schein erreichte noch den langen Tisch im Freien unter den jungen Eichen.
Am ersten Maisonntag 1898 erschien ein besonderer Gast: Cosima Wagner, mit ihren beiden Töchtern von Neuenreuth "am Saume des Waldes im Maintal" entlang kommend, ruhte im Gartenhäuschen aus und sah sich von den "merkwürdig guten Fresken" begrüßt. "Ich erfuhr, daß unser Dekorationsmaler Brückner sie dort für Frau Zimmermann, unsere Schreinermeisterin, gemalt hatte", schrieb sie an Freunde.
Heute ist es still geworden um das Kamerun-Häuschen, das vom Sohne des Erbauers liebevoll erhalten wird. Nur hin und wieder tritt ein Besucher der Waldschenke heran, um durch die Fenster in das innere zu spähen. Er erblickt dann wohl das Löwenpaar und fragt sich verwundert, wie ein solches Bild mitten in den Wald nahe Bayreuth gekommen sein könnte.
Anmerkung 1998:
Nach Aussage von "Elisens Erben" wurden die beschriebenen Gemälde versehentlich durch einen in der Hütte nächtigenden Gast der Familie in Brand gesteckt, so daß diese wohl unwiederbringlich verloren sein dürften.
Der hier wiedergegebene Zeitungsausschnitt vom 10./11. August 1957 wurde uns freundlicherweise von unserer Nachbarin, Frau Hensel, die seit vielen Jahren einen der beiden Schrebergärten
hier in Kamerun besitzt, zur Verfügung gestellt.